Die ersten 1.600 Kilometer
1.620 Kilometer, 19 Stunden und 40 Minuten reine Fahrtzeit, 29 Mal „Die Räder vom Bus, die drehen sich“ auf CD, 7 Spielplatz Stopps zum Energie ablassen, 7 Campingplätze, 5 ausgewachsene Toddler-Tantrums, 3 Mal schnelles Spiegelei mit Avocado-Toast am Straßenrand, erst (!) 2 Mal Eis am Stiel, schon (!) 2 Mal fiebersenkende Medizin, 1 Mal mit der Fähre gefahren…
Die ersten zwei Wochen liegen hinter uns und langsam aber sicher setzt die Entspannung ein. Die letzten Monate waren hektisch (vielleicht gibt es zu einem späteren Zeitpunkt mehr dazu, aber Kündigungen bei Arbeit und childcare, Wohnungsauflassung und Packen, Abschiedstreffen mit unseren Freunden und unvorhergesehenes Ereignis, das uns kurzzeitig ziemlich aus den Rudern warf, fielen überein mit dem größten Covid-Ausbruch seit Beginn der Pandemie).
All das scheint jetzt in weiter Ferne zu liegen. Unsere Tage bestehen aus Spielplatz-Besuchen für den Kleinen und Naturwunder bestaunen für die Großen. Dazwischen gibt es ganz viel „Nichts Tun“. Zwar nicht im herkömmlichen Sinne, da uns Jakob ganz schön auf Trab hält. Aber wir verbringen viel Zeit rund um unseren Campervan, kochen einfaches, gutes Essen, sammeln Muscheln, erfinden Geschichten, und genießen die Ruhe. Und natürlich Jakob‘s Highlight: Wir fahren! Im Moment noch etwas schneller als ursprünglich geplant, aber South Australia ruft. Unsere „terra incognita“, der einzige Bundesstaat, den wir noch nicht kennen und den wir in den sieben Jahren, die wir insgesamt schon in Australien leben, noch nicht gesehen haben.
Die ersten zwei Wochen haben uns die „Faszination Australien“ wieder klar vor Augen geführt. Wir sind durch Regenwälder gewandert und haben staubige, rote Erde von unseren Schuhen geklopft. Wir haben in den Bäumen Koalas entdeckt, vom Pier aus riesige Stachelrochen beobachtet, Selfies mit wilden Robben gemacht und den Kängurus vor unserem Camper beim Grasen zugeschaut. Wir sind auf einer 98 Kilometer langen, schnurgeraden Straße durch staubtrockene Felder gefahren und endlose weiße Sandstrände entlanggelaufen. Wir haben auf der Great Ocean Road die beeindruckenden Felsformationen bestaunt, die diese 243 Kilometer lange Küstenstraße zu einer der meistbesuchte Attraktionen Australiens machen. Und sind in Sinklöcher gesprungen, in denen sich tiefblaue Seen gebildet haben.
Australien ist unglaublich vielfältig, zugleich wirken Distanzen viel weniger weit. In Europa könnte man bei einer ähnlichen Distanz von München nach Thessaloniki fahren und dabei acht Länder bereisen. Hier haben wir gerade einmal drei Bundesstaats-Grenzen überquert. Es scheint abstrakt, dass New South Wales den nassesten Sommer seit langem verzeichnet, während South Australia mit einer Dürreperioden zu kämpfen hat. Doch denkt man darüber nach… Es soll auch schon vorgekommen sein, dass es in Deutschland regnet, während in Griechenland die Waldbrände wüten.
Unsere Stops und die Highlights der vergangenen Wochen im Überblick: Huskisson - Pambula Beach - Paynesville - Melbourne - Otway National Park - Port Campbell - Mount Gambier.
Huskisson ist einfach nur nett und die perfekte Urlaubsdestination für Familien und Pensionisten. Der Strand eignet sich super zum Spielen und Schwimmen, mit etwas Glück kann man vom Ufer aus die lokalen Delfine beobachten. Vom Campingplatz führt ein Spazier- und Radweg durch ein kleines Wäldchen in den Ortskern. Hauptattraktion sind die Wal- und Delfintouren, die hier angeboten werden, auf die wir allerdings verzichtet haben.
Steine-Hüpfen an der Strandpromenade
Auf dem Weg nach Eden machen wir in Narooma halt, einem unserer absoluten Lieblingsorte in New South Wales. Hier haben wir bereits mehrfach mit Robben geschnorchelt. Doch auch wer kein großer Fan von open water swimming ist (man muss dafür mitten im Ozean vom Boot springen), kommt in Narooma auf tierische Kosten. Highlights der diesmaligen Mittagspause: Schlafende Robben am Pier und zwei richtig große Stachelrochen direkt an der Strandpromenade.
Robben (oder Seebären?) beim Sonnen
Kuscheln mit Papa
Der Campingplatz in Pambula Beach besticht durch die grandiose Lage direkt an einem langen, hellen Sandstrand. Die Felsformationen am südlichen Ende des Strandes sind wegen ihrer Farbenvielfalt beeindruckend. Jakob’s Highlights waren eindeutig Spielplatz und Waterpark, uns Erwachsene haben vor allem die schwarzen Kakadus und die vielen Kängurus fasziniert.
Auf Entdeckungstour
Black Cockatoo
Bunte Felsformationen
Paynesville wäre ein recht langweiliges Örtchen, hätte es nicht mit einer besonderen Attraktion aufzuwarten. Wer die Fähre nach Raymond Island nimmt (gratis für Fußgänger und Radfahrer), dem ist eine Koala Sichtung garantiert. Die kleine Insel, die sich einfach umrunden lässt, verfügt über eine große wilde Koala-Population. Für Jakob besonders aufregend, weil eines seiner Lieblingsbücher „Tippy and Jellybean“ ist, die wahre Geschichte einer Koala-Mama, die ihr Junges vor den Buschfeuern gerettet hat. Und tatsächlich haben wir Tippy und Jellybean gefunden ;-)
Kurze Fährfahrt nach Raymond Island
Tippy and Jellybean
Das nur rudimentär ausgestattete Bush Camp im Otway National Park ist ganz nach unserem Geschmack. Zwar gibt es hier nur „bush loos“ (Plumpsklos) und natürlich gasbetriebene Barbeques (wie überall in Australien), die Ausblicke auf die Great Ocean Road und der schöne Wald sind aber vom Allerfeinsten. Ein perfektes Basecamp für einen Tag auf der Great Ocean Road.
Ausblick vom Bush Campground
Unser gemütliches Plätzchen
Uns bleibt die Spucke weg. Zwar haben wir vor 13 Jahren (!!!) eine Great Ocean Road Tagestour gemacht, aber so schön hatten wir diese Küstenstraße nicht in Erinnerung. Immer wieder tun sich von der Straße aus unglaubliche Ausblicke auf. Und die vielen Lookouts entlang der Straße bieten ein Naturschauspiel der Sonderklasse. Leider findet Jakob das viele Ein- und Aussteigen eher anstrengend und seine starke Verkühlung trägt auch nicht zur guten Laune bei. Highlight für uns: Schwer zu sagen, die ganze Straße ist spektakulär. Highlight für Jakob: Ein Belohnungs-Eis und den Sightseeing Hubschraubern beim Starten und Landen zuschauen.
Außer Ingrid's Sprungkraft hat sich wenig verändert
Spaziergang unter beeindruckenden Klippen
Die Twelve Apostles sind Kalksteinfelsen, die wenige Meter vor der Küste aus dem Meer ragen. Vom Ausblickspunkt sieht man noch sieben der ursprünglich acht Türme (einer stürzte 2005 ein), aber es waren nie zwölf. Der Name ist wohl an die Bibel angelehnt - und das hier ist ein wahrlich biblisch epischer Ort. Gänsehaut garantiert! (Vor allem, da die Touristenmassen dank Covid und der immer noch geschlossenen Grenzen ausbleiben.)
Reisen macht Spaß (wenn ein Belohnungs-Eis lockt!)
Twelve Apostles am Nachmittag
Twelve Apostles am Morgen
Port Campbell überrascht positiv. Für uns eher eine Notlösung als Nachtlager am Ende der Great Ocean Road, besticht der Ort mit einem netten kleinen Strand, einer wunderschönen Sonnenaufgangs-Wanderung inklusive Blicke über die Twelve Apostles und einer steilen Holztreppe hinauf zu einer Aussichtsplattform, die Jakob besonders toll findet und mehrfach selbst erklettert. Außerdem Dutzende wilde Kaninchen, die auf dem Campingplatz grasen.
Spaziergang zum Aussichtspunkt
Der frühe Vogel fängt den Wurm
"Swim between the flags" in der geschützten Bucht
Baggerarbeiten im Gange
Weiter geht's!
Bay of Islands
"Finally South Australia!" - und damit haben wir alle Staaten Australiens besucht!
Mount Gambier wäre eine relativ großes, völlig durchschnittliches australisches country town, wären da nicht eine Handvoll Attraktionen, die das Attribut „spektakulär“ zu Recht verdienen. Die ganze Gegend liegt auf Kalkstein, der anscheinend perfekte Voraussetzungen für Sinklöcher bietet. Dass diese sehr pittoresk sein können, davon überzeugen wir uns auf unseren Ausflüge zum Little Blue Lake und Umpherston Sinkhole. Ein weiteres Naturschauspiel ist der Blue Lake, dessen Wasserfarbe sich zwischen November und März zu einem geradezu unnatürlichen Blau ändert - die Ursache ist trotz Forschung noch nicht klar!
Blue Lake
Reisen macht lustig!
Der lokale Schwarm Corellas (eine Art Kakadu) am Campingplatz
Der Little Blue Lake ist in Sinkloch mit einem Durchmesser von 40 Metern, in dem 40 Meter tief super klares Wasser steht. Anscheinend hat das Wasser eine konstante Temperatur von 12 Grad, aber ich springe problemlos rein und würde auf eher 17-18 Grad wetten. Fein und erfrischend, aber etwas gespenstisch, so ganz alleine in einem Loch mitten im Nirgendwo zu schwimmen.
Little Blue Lake
Das Umpherston Sinkhole ist Jakob‘s Highlight und wir besichtigen es nicht nur einmal, sondern zweimal. 1884 begann der damalige Besitzer der Farm, auf der sich das Loch befand, „ein angenehmes Resort in der Hitze des Sommers“ zu schaffen. Er baute einen hölzerne Stiege, die in das Loch hinunterführte, und legte einen Farngarten an. Heute ist das Sinkloch eine beeindruckende Oase, in der Hortensien und Hibiskus blühen, Efeu die Wände begrünt und eine Possumkolonie sich abends von Touristen füttern lässt. Jakob will seine Weintrauben zwar nicht teilen, findet die frechen Possums aber zum Quietschen süß.
Im versunkenen Garten
Entdecker on Tour
Cheeky Possum