Kind sein
Schwer atmend versuche ich, mich von einem Griff zum nächsten zu hangeln. Was, wenn ich abrutsche? Mir die Finger verstauche? Mir tun die Handflächen weh. Und warum tu ich mir das eigentlich an? Welche Muskelgruppe aktiviert diese Übung und bringt mir das überhaupt was?
Nie ist mir der Kontrast zwischen Kindern und Erwachsenen so sehr aufgefallen wie seit ich Mama bin. Genauer gesagt, seit Jakob gehen kann. Jeder Spielplatz wird zum Schauplatz menschlicher Fähigkeiten, auf die wir im Erwachsenenalter nach und nach zu vergessen scheinen. Kaum steigen wir aus dem Campervan, rennt Jakob los. Und hört nicht mehr auf, sich zu bewegen, bis wir ihn zum Einsteigen überreden/erpressen/zwingen. Er läuft scheinbar ziellos im Kreis, springt Steine hinauf und hinunter, klettert Balken entlang. Jeder Park, jeder Wald, jeder Strand wird mit ihm zur Turnhalle.
Im krassen Gegensatz dazu stehen wir Erwachsenen. Die meisten Eltern beschränken sich auf die Schritte, die absolut notwendig sind. Schauen auf ihr Handy oder stehen mit verschränkten Armen da und reden mit anderen Eltern. Es scheint gerade so, als würden wir im Laufe der Jahre die Bewegung verlernen. Was seltsam ist angesichts der Tatsache, dass viele von uns gezielt Sport machen. Joggen gehen, mit dem Rad fahren, Yoga oder Kraft-Übungen in den Tagesablauf einplanen. Doch natürliche Bewegung, körperliche Verausgabung im Alltag fällt uns augenscheinlich so viel schwerer als unseren Kindern.
Ich habe mich immer für eine sportliche und bewegungsbegeisterte Person gehalten. Doch jetzt finde ich es körperlich und mental ermüdend, am Spielplatz einen Turm auf und ab zu klettern, wenn Jakob mich dazu auffordert. Immer wieder von Schaukel zu Rutsche zu laufen, und im Minutentakt Bewegungsabläufe zu ändern.
Wann verlernen wir denn, einfach aus Freude zu laufen? Zu rennen, weil uns die Bewegung unserer Beine fasziniert, anstatt uns mental darauf vorzubereiten und uns teure Turnschuhe anzuziehen? Oder ist es einfach so, dass der Alltag uns zu viel Energie kostet? Und wir die, die übrig ist, nicht in „unnötige“ Bewegung investieren? Ist das alles ein kluger Schachzug der Natur, uns vor dem Ausbrennen zu bewahren?
Für die nächsten Monate habe ich mir vorgenommen, mich von Jakob anstecken zu lassen. Den Strand entlang rennen, bis uns die Puste ausgeht. Auf all die Bäume klettern, die zum Klettern einladen - und davon gibt es in Australien viele! Nach Muscheln und Steinen suchen, und die mit voller Kraft ins Meer zu schleudern. Und ganz bestimmt werde ich jede Schaukel, jede Rutsche, jeden Spielplatz mit Jakob zusammen entdecken.
Rennen am Strand, wer ist schneller?
Ein Lieblingsspiel: Vor den Wellen davonlaufen
Ein rollstuhlgerechter Spielplatz - Spaß für alle!
Mittagspause mit Spaßfaktor